Einschätzung zur Demonstrationn gegen die sog. „Gelb-Westen Sektion Hamburg“ heute in Harburg

Zu allererst möchten wir festhalten, wie sehr es uns freut, dass sich, trotz kurzer Mobilisationszeit über 50 Menschen heute auf dem Rathausplatz versammelt haben. Es zeigt uns, dass antifaschistische Netzwerke im Viertel funktionieren und lässt uns hoffnungsvoller in die Zukunft schauen.

Wir fanden es schade, aber unvermeidlich, dass die Demo zeitgleich sowohl mit der Demo für eine Öffnung des Winternotprogramms, als auch mit der Demo in Solidarität mit Rojava stattgefunden hat. Dennoch sehen wir die Demos nicht als Konkurrenzveranstaltungen, sondern als sich ergänzende Kämpfe für eine gerechte Welt und ein freies Leben für alle. Wir hoffen, dass dies von den Genoss*innen auf den anderen Demonstrationen auch so empfunden wurde.

Denn egal, ob Menschen ohne Obdach bei Schnee und Regen auf die Straße gesetzt werden, der Aufbau einer selbstverwalteten Gesellschaft mit Gewalt angegriffen oder gegen Menschen aufgrund ihrer Religion oder Herkunft gehetzt wird:

Eins ist allen gemein. Wer sich nicht in die kapitalistische Verwertungslogik passt oder sich ihr nicht unterordnen will, muss sich auf stürmische Zeiten einstellen. Nicht erst seit dem vermeintlichen „Rechtsruck“.

Doch immer mehr und mehr Menschen begehren auf gegen das kapitalistische Elend. Die Bewegung der gelben Westen in Frankreich hat gezeigt, dass es möglich ist sich zu organisieren – fernab von Parteien, Gewerkschaften und Massenorganisationen. Nötig ist es alle mal. Angefangen mit dem Frust über erhöhte Benzinpreise tragen die Menschen Woche für Woche zu zehn-, manchmal sogar hundertausenden ihre Trauer, Ohnmacht und Wut auf die Straße. Die Bewegung ist dort so undefinierbar wie unberechenbar. Doch gerade in den größeren Städten hat sich gezeigt, dass organisiere linke Strukturen immer wieder Reaktionäre mit ihren Fehlern konfrontiert und rechte Führungspersonen aus den Demonstrationen vertrieben haben.

Die panische Reaktion der Staatsgewalt auf diesen selbstorganisierten Protest, der sich statt um Erlaubnis zu betteln einfach die Straße nimmt ist zuhauf dokumentiert und für jede*n einsehbar. Doch auch die brutale Gewalt schreckt die Leute nicht mehr ab. Sie demonstrieren wieder und wieder. Hoffentlich werden sie das noch tun, bis endlich ALLE Menschen gut leben können.

In Deutschland mit seiner meist recht konformistischen, „braven“ Protestkultur konnte die Bewegung jedoch nie wirklich Fuß fassen, obwohl es auch hier allen Grund gäbe sich zusammenzuschließen und gemeinsam gegen das kapitalistische Elend aufzubegehren. Einzig ein paar rechte Spinner haben sich in Deutschland ihre gelben Westen übergestreift. Unter dem Deckmantel „Gelbe Westen“ verbreiten sie in vielen Städten ihre kruden menschenverachtenden Thesen. Auch hier wird wieder der Schulterschluss zwischen der pseudobürgerlichen, völkischen AFD und offen nationalistischen Rechtsradikalen deutlich. [1]

Auch in Harburg trifft sich seit 5 Wochen so ein Haufen jeden Samstag auf dem Rathausplatz, um ihre kruden Thesen zu verbreiten.Auf eine zweistellige Anzahl an Teilnehmer*innen kamen sie nur selten. Neben der „Abschaffung des Volksverhetzungsparagraphen“ und einem „Europa der Vaterländer“ sprechen sie sich auch für einen „Beendigung der Besetzung unseres Landes“ und gegen  das einpflanzen von „ Chips unter die Haut eines jeden Menschen“ aus. Außerdem fordern sie Krebsheilung nach Dr. Kramer. Sein Vorschlag: statt einer Chemotherapie müsse man Bleiche trinken!

Organisiert wurden die Treffen über die Telegramgruppe „Hamburg macht dicht“ und dort maßgeblich von Wolfram Schiedewitz. Schiedewitz ist seit Jahren in der rechten Szene unterwegs.

Wolfram Schiedewitz ist Vorsitzender des Vereins „Gedächtnisstätte“ und gehört zu einem Netzwerk von Holocaustleugner*innen und Geschichtsrevisionist*innen, die das nationalsozialistische Deutschland von Schuld reinwaschen wollten.

Heute lesen sich seine Thesen wie ein umfassender Forderungskatalog der rechten Reichsbürger Szene: Die „Gelben Westen Sektion Hamburg“ fordern in ihrem Flugblatt neben der ersatzlosen Streichung des Paragraphen 130 StGb. Mit anderen Worten – es solle zukünftig wieder juristisch legal sein, sich volksverhetzend äußern zu dürfen.

Edit: am Freitag vor Saturn soll nicht stattfinden

 

Zum Abschluss möchten wir nochmal auf den „offenen Stadtteiltreff gegen Rechts“ hinweisen. Dieser hat es sich zum Ziel gesetzt Menschen, die das Ziel haben sich (antifaschistsich) zu organisieren regelmäßig für Diskussion und Vernetzung zusammenzubringen . Die nächste Veranstaltung findet am 04.03. an der TU hier in Harburg statt.

[1] Volksverpetzer