In Gedenken an Aman Alizada Demo – Tenor augeweitet aufgrund der aktuellen Lage in Afghanistan

Aufruf von der Initiative Aman Alizada:

Seit zwei Jahren fordern wir Gerechtigkeit für den jungen Afghanen Aman Alizada der in Stade von der Polizei erschossen wurde. Wir, Freunde, Bekannte und Aktivist*innen, planen in diesem Jahr die dritte Demo.

Auch die letzten Jahre haben wir über  über die Situation von Geflüchteten aus Afghanistan und über Afghanistan selbst gesprochen. Dies ist aber wichtiger denn je! Jetzt gerade verlieren wir geliebte Menschen, die von den Taliban getötet werden.

Aber es sind nicht nur die Taliban verantwortlich für das Leid, sondern auch die Nato. Was bleibt nach 20 Jahren nach so einem Truppenabzug? Wozu die vieen zivilen Opfer, welche auch die Nato zu verantworten hat? Warum herrscht immer noch Armut und Hunger in Afghanistan? Wer profitiert von den Hilfsgeldern und welche Kriegsherren profitieren von Bündnissen?

Die wenigen entstandenen demokratischen Ansätze und Erfolge für die Rechte der Frauen werden nun unter den Taliban wieder vollends verschwinden. Afghanistan blutet und durch den schnellen Abzug der Truppen wurde den Taliban der Weg frei gemacht. Wir müssen handeln! Kommt zur Demonstration am 21.08.21 um 14 Uhr in Stade zum Pferdemarkt.

Wir kämpfen für:

– Sofortige Evakuierung aller gefährdeten Menschen und Ortskräfte

– sichere Fluchtwege

– Bleiberecht für alle Menschen aus Afghanistan

– Aufklärung der Schuld des Westens an der Situation in Afghanistan

Pressemitteilung: Initiativen fordern anlässlich des zweiten Todestages von Aman Alizada – Umstände des tödlichen Polizeieinsatzes müssen vor Gericht aufgeklärt werden

Am 17.08.2021 ist es zwei Jahre ist her, dass der 19-jährige Aman Alizada durch Schüsse aus der Pistole eines Polizeibeamten getötet wurde. Und noch immer sind die Umstände dieses tödlichen Einsatzes nicht aufgeklärt.Für den Flüchtlingsrat, die Bürgerinitiative Menschenwürde im Landkreis Stade und die Initiative zur Aufklärung des Todes von Aman Alizada ist der zweite Jahrestages des gewaltsamen Todes des afghanischen Geflüchteten Anlass, erneut schonungslose Aufklärung über die Umstände des tödlichen Polizeieinsatzes zu fordern. Sie erwarten, dass der Fall zur Anklage und damit vor Gericht gebracht wird. Die Staatsanwaltschaft Stade hatte bereits frühzeitig den Tod des Jugendlichen durch die Hand eines Polizeibeamten mit der Feststellung, dass es sich um „glasklare Notwehr“ gehandelt habe, ad acta legen wollen und die Polizei ohne gerichtliches Verfahren von jeglichem möglicherweise strafbaren Handeln freisprechen wollen.Die bekannten Fakten drängen aber ganz andere Schlüsse auf: Demnach hat die Polizei die Situation eskaliert und sich der Beamte, der die tödlichen Schüsse abgab, selber ohne Notwendigkeit in eine Situation gebracht, in der er Aman Alizada direkt gegenüber stand und diese möglicherweise tatsächlich als bedrohlich empfand. Ein forensisches Schusswinkel-Gutachten legt allerdings nahe, dass Aman Alizada überhaupt nicht in einer Angriffsposition war, als er erschossen wurde. Außerdem bleibt die grundsätzliche Frage unbeantwortet, ob selbst bei einer Notwehrhandlung fünf Schüsse abgegeben werden müssen, die dann z.T. auch noch tödlich waren. „Angesichts der bekannten Fakten ist es vollkommen absurd, wenn die Staatsanwaltschaft in Stade zu der Feststellung kommt, der Polizist habe in „glasklarer Notwehr“ gehandelt“, so Barbara Erhardt- Gessenharter von der BI Menschenwürde im Landkreis Stade.

„Wir erwarten, dass es eine restlose Aufklärung gibt. Und der richtige Ort dafür ist das Gericht, in dem Zeug:innen geladen und angehört werden können und wo der Bruder als Nebenkläger die Chance hat, eigene Fragen beantwortet zu bekommen“, fordert daher Dörthe Hinz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.

Nur der hartnäckigen Öffentlichkeitsarbeit der BI Menschenwürde im Landkreis Stade, der Initiative Aman Alizada und des Flüchtlingsrates sowie der Beharrlichkeit des Anwalts des Bruders, ist es zu verdanken, dass die Ermittlungen auf Weisung der Generalstaatsanwaltschaft in Celle weitergeführt werden.
„Wir sind nicht überrascht von der zwischenzeitlichen Einstellung, dieser Fall ist einer von vielen und es gibt fast nie Aufklärung oder Konsequenzen, deshalb ist es unsere Aufgabe Druck auf der Straße aufzubauen.“ so Conny von der Initiative Aman Alizada.

Für den Bruder und für die Freund:innen von Aman Alizada ist es schwer zu ertragen, dass die Umstände weiterhin nicht richtig untersucht wurden und es keinerlei Konsequenzen hat, dass der junge Mann getötet wurde. „Ich erwarte, dass die Polizei für rücksichtloses Verhalten, Fehler, Fehlberechnungen, Vorurteile – oder was auch immer die Ursache für das sinnlose Töten meines Bruders war – zur Verantwortung gezogen wird, so dass unschuldige junge Menschen wie Aman, und Kinder sich unter Polizei “Schutz” sicher fühlen können und nicht Opfer von Schießübungen werden” so Rahmat Alizada, Bruder des Verstorbenen.

Die Initiative Aman Alizada ruft gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat, Freund:innen, Angehörigen und Unterstützenden von Aman, den Falken Niederelbe und der SKF Sauerkrautfabrik Harburg zur Teilnahme an der Demonstration auf.

Samstag, 21.08.2021
Start: 14 Uhr
Ort: Pferdemarkt, Stade
Weitere Informationen zur Demonstration finden sich unter: www.initiativeamanalizada.blackblogs.org

Hintergrund
Am 17. August 2019 starb der 19 jährige Aman Alizada in Folge eines tödlichen Polizeieinsatzes in Stade.
Aman Alizada war Ende 2015 mit 15 Jahren allein aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet. Als Angehöriger der ethnischen Minderheit Hazara hatte er Schutz und Sicherheit vor weiterer Gewalt und Verfolgung gesucht. Am Abend des 17. August wurde der 19-Jährige dann von der Polizei während eines Einsatzes in seiner Unterkunft im Stadtteil Bützfleth erschossen.

Ein Plädoyer für Staatskritik, aber kein Bündnis mit Rechtsaußen!

Querdenken; laterales Denken: diese Begriffe bezeichnen eine Tradition des Hinterfragens von gefestigten Normen und Handlungsanleitungen. 

Der Anspruch dieses Ansatzes wurde die letzten Monate ad absurdum geführt. In ganz Deutschland sind Gruppen die sich das Label der Querdenker*Innen auf den Aluhut schreiben aufgetaucht und haben die Kritik an dem Staat, in dem sie leben, für sich entdeckt.  Auf dem ersten Blick scheint dies angebracht: Es gibt genug zu beanstanden.

Doch was wird beanstandet und welche Schlussfolgerungen trifft die Querdenken-Bewegung?

Das Ziel der Proteste sind die Maßnahmen, welche von den Regierungsbeauftragten zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf uns niedergelassen wurden. Aber nicht konkrete Maßnahmen und ihre Funktionen werden kritisiert, sondern alle zusammen, der ganze Maßnahmenpudding, inklusive Abstandhalten und Masketragen, wird von den Querdenker*innen abgelehnt, gleichwohl sie wissenschaftlich als wirksam bewiesen wurden.

Sie werden sie alle als unverhältnismäßig, übertrieben und diktatorisch bezeichnet. Es wird verlangt jetzt mal nen Schlussstrich zu machen und wieder zur schon nostalgischen Normalität zurückzukehren.

Diese Forderung nimmt bewusst in Kauf, dass zig tausende Menschen täglich sterben – der Freiheit Einzelner wegen.

Als Grundlage werden meist immer dieselben Ausschnitte aus dem Grundgesetz der BRD zitiert: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art 1(1)). Impliziert wird hier, dass die Würde der Querdenker*Innen von den bestehenden Maßnahmen zur Beherrschung der Pandemie verletzt wird. Doch mit den Protesten, welche häufig ohne Maske und Abstand statt finden, wird vielmehr die Würde von anderen Menschen verletzt sowie ihr Recht zur körperlichen Unversehrtheit missachtet. Ganz bewusst und mit der absoluten Sicherheit hier richtig zu handeln, wird das eigene Recht auf Freizügigkeit während einer Pandemie über alle anderen Rechte gestellt. Totalitärer Egoismus.

Um diesen moralischen Widerspruch zu erklären, radikalisiert sich die Querdenken-Bewegung im  Glauben, dass eine geheime Elite das Virus in die Welt gesetzt hab und dass die Bürger sowie Staatsbedienstete zu Marionetten wurden. Die Hintergründe realer Verhältnise werden zum Mythos.

Dieser Glaube folgt dem alten antisemitischen Narrativ über eine jüdische Weltverschwörung, welches von der Querdenker*Innen reproduziert und damit verstärkt wird.

Zugleich entstand die auf Querdenken-Demos vollständig unwidersprochene Situation, dass die Coronaleugner*innen einerseits Jüd*Innen als Täter*Innen identifizierten und andererseits sich selbst mit Holocaustopfern verglichen. Von Anfang an waren bei den Demonstrationen gelbe „Judensterne“ in Anlehnung an die NS-Zeit zu sehen. Der Appell der Regierenden möglichst zu Hause zu bleiben, wurde mit der Situation in den 1940er Jahren gleichgesetzt, in der Juden sich verstecken mussten, um ihr Leben zu retten.

Reale Verwerfungen unseres ökonomischen Systems wurden und werden nicht angezweifelt, sondern zur gesteuerten Verschwörung erklärt. 

Allen Reichsbürger*Innen, Neonazis, Q-Anons oder Attila Hildmans wurde mit dem gezielten Wiederholen und Weiterleiten weltverschwörerischer Inhalte sowohl in verschiedenen Chatgruppen im Internet, auf Videoplattformen sowie auf allen sozialen Medien immer wieder eine Bühne geboten. Der Mythos hat reale Folgen:

So gründeten sich bis Ende des letzten Jahres knapp 70 Ableger der Querdenken-Bewegungen in allen Teilen Deutschlands, welche zur Verbreitung der Verschwörungsideologien aufriefen.

Die gesamte Bewegung zeigt sich offen für Reichsbürger*innen, NPD-, AfD- und Nazikader und wird teils auch gegen ihren Willen von diesen vereinnahmt, in dem von rechtsextremistischen Gruppen einerseits Aufrufe zu Querdenken-Versammlungen aufgerufen wird, andererseits indem sich einschlägige Personen des rechtsextremen, identitären und völkisch-nationalen Spektrums auf Querdenken-Demos blicken lassen.

 

Neueste Masche des Querdenken-Ablegers in Hamburg ​​​​​​​ ist das Aufrufen zu dezentralen Autokorsos („Freiheitsfahrer“), welche im Schutz der Polizei in wechselnden Stadtteilen die absurden Inhalte per Lautsprecherwagen verbreiten und aktiv zur Mitarbeit anwerben.

Ein kritisches Hinterfragen der Maßnahmen ist notwendig, darf aber nicht auf dem Rücken der Menschen die von der Pandemie betroffen sind und schon gar nicht als Teil von antisemitischen Schuldzuweisungen einer Weltverschwörung stattfinden.

Dank des Internets und grundlegender Menschen- und Versammlungsrechte, die auch während der Pandemie gelten, leben wir in einem Verhältnis des ständigen Austauschs miteinander. Wir sind voneinander abhängig. Wir brauchen einander.

Der Staat und das Handeln seiner Funktionträger*Innen muss kritisch hinterfragt werden. Zustände müssen nicht in ihrer unbewusst oder bewusst erschaffenen Normalität als in Stein gemeißelt angenommen werden. Diese Zustände werden tagtäglich von uns erhalten und reproduziert. Wir haben dennoch Handlungsmacht diese zu ändern.

Es sind keine Zustände, die sich in der Pandemie entwickelt haben, denn die Auswirkungen einer auf Ausbeutung und Profitgier bestehenden Gesellschaft zeigen sich seit Jahrhunderten und sind das eigentliche Problem. Nach nun über einem Jahr Pandemie hat sich eines gezeigt: Die Art wie unsere Gesellschaft aufgebaut ist, welche Menschen tagtäglich den Laden am Laufen halten. Menschen und deren Arbeit, die wir sonst im Alltag nicht wahrnehmen.
​​​​​Es sind die Supermarktkassierer*In, die Pflegekraft, die Reinigungskräfte, die Spargelstecher*Innen, die Pädagog*Innen und Erzieher*Innen. Sie schaffen die Voraussetzungen, die Infrastruktur auf die wir uns verlassen, welche wir zum Leben brauchen. Es sind diese Arbeiten die von Menschen gemacht werden müssen. Überwiegend von Frauen* die oft schlecht bezahlt werden und/oder prekäre Aufenthaltsverhältnisse in Deutschland haben. Eine muss halt die Drecksarbeit machen, Pech gehabt. Es geht um einen Staat dessen Regierungsmitglieder und Parlamentsmitglieder bei dem Wort „Umverteilung“ den Kommunismus heraufbeschworen sehen, aber dabei keinen Widerspruch bei der Sozialisierung von Firmenschulden sehen. Die so genannte Normalität und die Auslegung der Grundrechte, welche Querdenken einfordert, sind eben solche, die zu der jetzigen Situation der Pandemie geführt haben.

Die Frage lautet deshalb: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

„Querdenken“-Autokorso in Harburg

Seit ein paar Wochen haben die Verschwörungsideolog*innen aus dem „Querdenken“-Kontext die Aktionsform des Autokorsos für sich entdeckt.

Der nächste Autokorso startet diesen Samstag (27.03.)um 12 Uhr in Harburg. Dies ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass die letzten Autokorsos in der Innenstadt von engagierten Antifaschist*innen auf Fahrräder immer wieder maßgeblich gestört wurden.Obwohl viele Cops im Einsatz waen, waren die Antifaschist*innen auf ihren Rädern einfach schneller, wendiger und immer wieder in der Lage den Korso zu stören.

Aufgrund des eher abgelegenen Startpunkts (Am Radeland) erhoffen Cops und Anmleder*innen vermutlich, dass es der antifaschistische Gegenprotest es nicht über die Elbe schafft und zumindest der erste Teil des Korsos (der vermutlich in Richtung Innenstadt fährt) ungestört stattfinden kann.

Leider wissen wir aus Erfahrung, dass diese Hoffnung nicht ganz unbegründet ist und der Sprung über die Elbe für viele doch ein großer zu sein scheint. Nichtsdestotrotz bieten fehlende Ausweichstrecken eine Vielzahl an Möglichkeiten, um den Autokorso auch hier in Harburg zu einem Misserfolg werden zu lassen.

Also schnappt euch eure Maske und schwingt euch mit uns aufs Rad!

P.S.: Aus Erfahrungen bei vergangenen Autokorsos wissen wir, dass Teilnehmer*innen auf Störungen teilweise sehr aggresiv reagieren und auch vor Angriffen nicht zurückschrecken. Gerade Autos werden in der rechten Szene als Waffe immer beliebter. Deshalb achtet auf euch, achtet auf Andere. Bildet Bezugsgruppen und organisiert antifaschistischen Selbstschutz, verlasst euch nicht auf die Hilfe des Staates!

Problematische Zeitungen in der SKF

Vor ein paar Tagen veröffentlichten einige Hamburger Gruppen eine Stellungnahme zu  Vorkommnissen bei denen unter anarchistischer Flagge problematische Äußerungen getätigt wurden.

Wir haben das Statement zwar als Gruppe nicht unterzeichnet, teilen aber die inhaltliche Kritik an sozialdarwinistischen und ableistischen Thesen in den Magazinen.

Auch bei uns lagen einige Ausgaben des „Zündlumpen“ und der „In der Tat“ in der Auslage, ob es sich um die entsprechenden Ausgaben handelt, können wir leider nicht mehr nachvollziehen, können es aber nicht ausschließen.  Wir bedauern sehr, dass wir Zeitungen mit solchen Aussagen ausgelegt haben, das hätte nicht passieren sollen. Wir halten es deshalb für wichtig dies wenigstens im Nachhinein transparent zu machen und das Statement zu teilen, auch ohne es zu unterzeichnen.

Das Statement findet ihr im Original auf Indymedia, da Indymedia aber teilweise schwer zu erreichen ist, haben wir das Statement unten nochmal angehängt.

 

 

Denn sie wissen, was sie tun

Gerade während einer weltweiten Pandemie ist die Notwendigkeit von Solidarität und Verantwortung besonders groß. Insbesondere Anarchist*innen sollten diese Werte ohnehin in ihrem Selbstverständnis verinnerlicht haben. Leider lesen und sehen wir dieser Tage aber immer wieder Texte, Graffiti und Plakate von Leuten, die meinen, Anarchist*innen zu sein, aber leider nicht zu wissen scheinen, was dieser Begriff eigentlich bedeutet1. Deshalb aus anarchistischer Sicht einige Gedanken zu den Vorkommnissen.

Als Beispiele seien hier aufgeführt die „anarchistische“ Zeitung Zündlumpen, die Plakate „Anarchie statt Plandemie“ in Hamburg und ein Graffito an einem Hamburger Pflegeheim sowie ein Beispiel aus der „In der Tat“ Nr. 7.

Grafitto „I´d rather die of corona than live in a social coma“

Graffito "I'd rather die of corona than live in a social coma"

An ein Pflegeheim in Hamburg-Harburg wurde der Slogan „I´d rather die of corona than live in a social coma“ nebst Anarchiezeichen gesprayt. Wenn das Graffito nicht von den Pflegeheimbewohner*Innen selbst kommt, dann ist es mindestens geschmacklos. Als Anarchist*in, pflegebedürftigen Menschen vorzuschlagen, doch lieber zu sterben, als „social distancing“ zu betreiben, zeugt nicht davon, den Wert von Menschenleben schätzen zu können und akzeptiert auch nicht die Entscheidung vieler pflegebedürftiger Personen, nach Möglichkeit Ihre Kontakte bis zu einer Impfung zu reduzieren, um überhaupt zu überleben.

Zündlumpen

Während die Zündlumpen früher zumindest manchmal noch mehr oder weniger spannende Beiträge zum anarchistischen Diskurs geliefert haben, haben sie sich mittlerweile leider aus dem Spektrum der ernstzunehmenden Projekte verabschiedet.

Die Werte, die mittlerweile in dieser Zeitung vertreten werden, lassen nur den Schluss zu, dass Sozialdarwinismus und Egoismus über ur-anarchistische Werte, wie Solidarität, Respekt und gegenseitige Hilfe gestellt werden.

Hier wollen wir nur auf ein besonderes „Highlight“ eingehen:

Wenn es bestimmt einer „Risikogruppe“ zugeordnete Leute gibt, welche ihr – real oder mögliches – gering statistisch erhöhtes Sterberisiko derart über sämtliche Bedürfnisse aller anderen stellen, dass sie denken, um dieses zu mindern, gehöre die halbe Menschheit, wenn nicht sogar die ganze, eingesperrt… nun, solche Leute mag es geben. Aber sie haben zumindest eins auf die Fresse verdient, auch wenn man davon absehen mag – angesichts ihres schwächelnden Zustands. Sie könnten doch auch einfach einfordern, von anderen bei ihrer Selbstquarantäne unterstützt zu werden. Aber ja, es gibt eben nicht nur solche, welche die leichte Verlängerung ihres wahrscheinlich ohnehin schon leidvollen Lebens über die Freiheit – und sei es nur die gestrige, lächerliche Freiheit in der Demokratie – aller anderen stellen. Es gibt zumindest auch kranke, schwache, lungengeschädigte, alte, etc. Menschen, welche nicht komplett spinnen und verstehen, dass ihr Sterben – wobei dieser Prozess ja bei den meisten „Risikogruppen“-Zugehörigen ohnehin schon begonnen hat – nicht dazu herhalten sollte, alle zuhause einzusperren und die menschliche Zivilisation in ein riesiges Lager zu verwandeln“.2

Dieser Text kann nur von Leuten geschrieben und veröffentlicht worden sein, die kein Problem damit haben, ihren Egoismus auf den Rücken von Kranken und Schwachen auszuleben. Wer behauptet, die Leute, die einer Risikogruppe angehören und ein Mindestmaß an Solidarität von der Gesellschaft einfordern, hätten „eins auf die Fresse verdient“, hat offensichtlich die Grundlagen des solidarischen Zusammenlebens, geschweige denn einer anarchistischen Weltanschauung, nicht verstanden.

Die Bewertung von anderem Leben als „wahrscheinlich ohnehin schon leidvoll“ und der darauffolgenden Forderung, dass die Gesellschaft doch bitte ohne Rücksicht auf diese ihre Freiheiten ausleben soll, dass das Leben der Alten und Schwachen also so wenig Wert ist, dass sie ruhig sterben können, damit der Rest keine Rücksicht auf sie nehmen muss, erinnert schnell an Euthanasie-Programme der Nazis.

Plakate „Anarchie statt Plandemie“

Mehr als ein Mal mussten wir leider auch unter dem Label des Anarchismus die Verschwörungstheorie vernehmen, dass es sich bei dem Virus nicht um ein natürliches Phänomen handelt, sondern um etwas, was von „den Herrschenden aka die da oben aka den geheimen Mächten“ geplant und inszeniert worden ist.

Mal dahingestellt, ob Anarchismus links ist oder nicht, auf jeden Fall ist er nicht rechts. Und wer die Querdenker etc. rechtfertigt oder sich durch Plakate auf eine Verschwörungsstufe mit ihnen stellt, macht sich mit Rechten gemein. Querfront war noch nie anarchistisch und wird es auch nie sein.

In der Tat

Auch die Zeitschrift „In der Tat“ ist leider nicht frei von Verschwörungstheorien. In der Nr. 7 fanden wir z.B. den Text „Asymmetrisch“.3 Dort wird die Ansicht vertreten, die „Krise“ sei aus dem Boden gestampft, der Virus folge gewissermaßen einem Plan, bzw. einer Strategie. Die Herrschenden/Mächtigen/Wer auch immer hätten den europäischen Teil der Pandemie bewusst in Italien gestartet: „Meines Erachtens nach ist es kein Zufall, dass der europäische Teil der Pandemie gerade in Italien „seinen Anfang nahm“. Im Nachhinein gesehen stellt der italienische Staat die richtigen Voraussetzungen bereit für die durchzusetzenden Maßnahmen – die Bildung ist schon lange heruntergefahren worden und die Medien laufen schon lange Hand in Hand mit der Regierung und der Polizei, um nur zwei Punkte zu nennen – und konnte demnach gut als Blaupause für das nunmehr europäische Modell dienen.“ Die einzige Interpretation, die da verbleibt, ist die, dass irgendwer-da-oben gezielt eine Pandemie lenken würde, um seine Ziele zu erreichen. Das ist ungefähr so realistisch wie die Theorien der „Querdenker“, die behaupten Bill Gates hätte den Virus in die Welt gesetzt, um der Weltbevölkerung Mikrochips zu implantieren.

Für uns ist ganz klar, dass eine solche Sichtweise dem anarchistischen Kampf zuwiderläuft. Um glaubwürdig zu bleiben und sich nicht lächerlich zu machen, sollten wir uns als Anarchist*innen an die Realität und die Tatsachen halten und keine absurden Verschwörungstheorien in die Welt setzen, nur weil es auf den ersten Blick praktisch ist, alles auf „die da oben“ zu schieben.

Was bleibt?

Wäre es nur dumm, wäre es noch egal. Aber es ist mehr als das. Es ist gefährlich, unsolidarisch und ignorant. Anarchismus impliziert auch, jede Form von Sozialdarwinismus und Ableismus abzulehnen und seine Revolution ganz sicher nicht auf den Rücken der alten und kranken Menschen aufzubauen. Mit Leuten, die diese Grundsätze nicht begriffen haben oder nicht begreifen wollen, kann man als Anarchist*in nicht unter einer Fahne laufen.

Der Staat ist zu jeder Zeit in all seinen Formen abzulehnen. Darüber müssen wir (hoffentlich) nicht mehr reden. Die überwiegend notwendigen Maßnahmen und Einschränkungen aber nur deshalb abzulehnen, weil auch der Staat sie für notwendig hält, ist deutlich zu einfach.

Vielmehr sollten wir als Anarchist*innen versuchen, einander zu unterstützen, für ein solidarisches, selbstorganisiertes Gesundheitswesen kämpfen und selbstverständlich die staatlichen Auswüchse die tatsächlich nur zur Kontrolle der Bevölkerung und nicht zur Eindämmung des Virus´ führen bekämpfen. Der Staat und mit ihm der Kapitalismus versuchen selbstverständlich aus jeder Situation, auch aus dieser, gestärkt hervorzugehen. Diesen Anspruch sollten wir auch haben.

Für die Freiheit! Für die Anarchie!

Abschließend soll gesagt werden, dass wir als Anarchist*innen uns von solchen Äußerungen und solchem Gedankengut klar distanzieren und dazu aufrufen, den Verursacher*innen dieser pseudoanarchistischen Absonderlichkeiten keinen Raum zu geben:

1 Damit wollen wir natürlich nicht sagen, dass wir die alleinige Interpretationshoheit darüber beanspruchen, was Anarchismus bedeutet.

2 Bei Interesse (nicht zu empfehlen): Zündlumpen, 15.04.2020, https://zuendlumpen.noblogs.org/post/2020/04/15/tod-den-statistikern/

3 Wir würden Euch auch hier gerne einen Link präsentieren, allerdings ist die „In der Tat“ in einem Maße technik-feindlich, dass sie es nicht über sich bringt, ihre Publikation im Internet einem möglichst breiten Publikum zur Verfügung zu stellen. Aber vielleicht ist das auch nicht weiter schlimm.

 

Solidarisierung mit dem libertären Kultur- und Aktionszentrum „Schwarze Katze“

Solidarisierung mit dem libertären Kultur- und Aktionszentrum „Schwarze Katze“ anlässlich der Vorfälle um den 09./10.01.21 und Positionierung gegen jegliche Angriffe dieser Art

 

In der Nacht vom 09. auf den 10. Januar wurde das libertäre Kultur- und Aktionszentrum „Schwarze Katze“ durch Graffiti und Aufkleber mit sexistischen und queerfeindlichen Beschimpfungen („ANARCHO FOTZEN“, „Queer Fotzen“, AntiDs sind HS!“), Revieransprüchen („ANTIIMP AREA“) und Symbolen des autoritären Sozialismus (Hammer&Sichel-Tags, Sticker mit Lenin-Stalin-Mao-Konterfeis) beschädigt und beschmutzt. Bereits im Vorfeld wurden seit Anfang November mehrfach Aufkleber der „Proletarischen Jugend Hamburg“ verklebt und Graffiti an Fenster und Wand hinterlassen. (https://libertaereszentrum.de/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=18&cntnt01pagelimit=3&cntnt01returnid=1)

In der öffentlichen Erklärung der „Schwarzen Katze“ vom 13.01.21 wird auf eine Ähnlichkeit mit anderen vergangenen Vorfällen in Flensburg und Berlin hingewiesen und wir erachten es für wichtig diese im Folgenden im Zusammenhang zu betrachten, um Hintergründe zu klären und dazu anschließend Stellung zu beziehen.

Zum einen geht es dabei um persönliche Drohungen in der Nähe von und um einen Farbanschlag des Revolutionären Kollektivs auf das Gebäude der anarchistischen, emanzipatorischen Mailorder Black Mosquito in Flensburg, bei dem mit ähnlichen bis gleichen Begrifflichkeiten hantiert wurde. (https://black-mosquito.org/de/blog/news/rk-angriff.html)

In einem offenen Brief verschiedener Flensburger Gruppen wird zu verschieden Angriffen des Revolutionären Kollektivs (Ableger des Jugendwiderstands Berlin) eine Stellungnahme veröffentlicht, die die innerlinke Gewalt (z.B. Graffitis mit „Anti-Kommunisten abstechen – „Linke“ auch) und Frauenverachtung des RK´s dokumentiert und verurteilt. (https://akopol.wordpress.com/2018/06/27/offener-brief-zum-revolutionaeren-kollektiv-flensburg-innerlinke-gewalt-und-frauenverachtung-ausgeschlossen/)

Zum anderen geht es um den Jugendwiderstand Berlin rund um den Rapper Taktikka in Neukölln, die u.a. mit solchen unsäglichen Vorfällen auf sich aufmerksam machen:

„Bei der 1. Mai-Demo in Kreuzberg kam es zu einem Übergriff auf den feministischen Block: Die Demonstrant*innen trugen ein Transparent mit der Aufschrift „Den antisemitischen Konsens brechen! Jugend gegen Antisemitismus und Rassismus“. Offenbar eine Provokation für die Jugendwiderstand-Schläger*innen. In Videos ist zu sehen, wie mehrere Männer schlagend und tretend in den Block stürmen und das Transparent niederreißen. Der Grünen Politiker Eric Marquardt klebte Plakate mit dem Slogan „Refugees Welcome“ im Bezirk. „Jugendwiderständler“ klebten eigene Sticker auf die Plakate und bedrohten den Politiker: „Wenn du die Aufkleber anfasst, stechen wird dich ab“. (https://www.belltower.news/jugendwiderstand-von-der-intifada-bis-zum-volkskrieg-78939/)

Zurück zu dem Angriff auf die „Schwarze Katze“. Die Proletarische Jugend Hamburg hat am 13.01.21 eine Distanzierung zu dieser Aktion und einzelnen inhaltlichen Beleidigungen u.a. auf Facebook veröffentlicht.

Wir hoffen, dass auf die öffentliche Distanzierung auch eine interne Aufarbeitung innerhalb der PJH rund um diesen Vorfall stattgefunden hat und die Ursachen, warum die eigene Gruppierung für solche Ansätze anfällig ist, geklärt und beseitigt werden.

An dieser Stelle soll noch aus einem Kommentar (Jörg Pepmeyer, AKOPOL) zum Offenen Brief der verschiedenen Flensburger Gruppierungen zitiert werden:

„Gleichzeitig führt eine derartig ignorante und gewaltverherrlichende Politik in der öffentlichen Wahrnehmung zur De-Legitimierung linker und libertärer Politik im Allgemeinen und verhindert im Besonderen die Einheit einer breiten, von Solidarität und Respekt getragenen politischen und demokratischen Bewegung gegen die Herrschenden und ihr ausbeuterisches Wirtschaftssystem. Da freut sich am Ende nicht nur der Staatsschutz..“

In Zeiten einer weltweiten Pandemie, in denen antisemitische Verschwörungsmythen befeuert werden und nicht nur deshalb gesamtgesellschaftliche und innerlinke Solidarität gefragt ist, in Zeiten von rechtsterroristischen Anschlägen, deren Aufklärung durch die Sicherheitsbehörden erschwert wird, in Zeiten von Klimakrise wegen Kapitalismus braucht es eine starke, geschlossene Linke, die sich nicht mit inneren Kämpfen selbst schwächt.

In dieser Linken kann es jedoch keine Toleranz für (Hetero-)Sexismus, Nationalismus, martialische Gewaltverherrlichungen oder grobe Pauschalisierungen („Anti-D´s“), die einem emanzipatorischen, differenzierten Denken entgegenstehen, geben.

Wir möchten deshalb an dieser Stelle unsere Solidarität mit der „Schwarzen Katzen“ und den anderen autonomen Zentren, die Opfer solcher Angriffe werden mussten, sowie die Verurteilung solcher Aktionen ausdrücken.

 

(Zum Weiterlesen über die Rolle des Kampfbegriffs „Antideutsch“ hier eine Veröffentlichung der NDM „“Antideutsche”? Wat is dat denn? – Anmerkungen zur praktischen Bedeutung eines Kampfbegriffs“: https://kruppzeuch.wordpress.com/2010/08/05/antideutsche-wat-is-dat-denn/)

Auch wir haben den Aufruf des „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ unterzeichnet und möchten ihn hier nochmal mit euch teilen.

 

Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien

Seit einigen Wochen demonstrieren auch in Hamburg Menschen gegen die Corona-Maßnahmen.

Sie beziehen sich auf Proteste in Berlin, die seit Anfang April vom sogenannten Demokratischen Widerstand initiiert wurden, und versuchen sich aktuell als Partei Widerstand 2020 zu formieren. Am vergangenen Samstag kamen mehrere hunderte Menschen auf dem Hamburger Rathausmarkt zusammen. Viele der Protestierenden inszenieren sich als Verfechter_innen von Grundrechten und Freiheit. Sie behaupten, das Grundgesetz sei in Deutschland außer Kraft gesetzt, und fantasieren die Entstehung einer Diktatur herbei, gegen die Widerstand rechtmäßig sei. Dabei sieht auch das Grundgesetz Ausnahmen vor, und weitere Gesetze präzisieren gesundheitspolitische Maßnahmen zur Bekämpfungen von Katastrophen, wie z.B. Pandemien.

Auf diesen Versammlungen werden Verschwörungsmythen geteilt und die gesundheitliche Gefahr von Covid-19 verharmlost. Die Mindestabstände und das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes werden bewusst nicht eingehalten. Es werden irreführende und unwissenschaftliche Vermutungen und Verdächtigungen über Ursache, Verlauf und Auswirkungen der Pandemie verbreitet. Die Schwere der Krankheit wird erheblich verharmlost oder ganz geleugnet. Wo ein solidarisches Verhalten im Umgang gegen Ausbreitung von Covid-19 Grundvoraussetzung ist, um das Sterben von Menschen zu vermeiden, werden ausgrenzende Schuldzuweisungen für die Abkehr von genau diesem Verhalten instrumentalisiert. Dazu werden namentliche Sündenböcke gesucht, die angeblich die Auswirkungen der Pandemie zu ihren Gunsten ausnutzen würden. Diese irrationalen Fantasien und Verschwörungsmythen knüpfen teilweise an die älteste Verschwörungstheorie an: den Antisemitismus. Schon seit Jahrhunderten wurden Jüd_innen für angebliche Brunnenvergiftungen, Kindesmorde, Seuchen und Epidemien verantwortlich gemacht. Machen die einen Corona-Leugner_innen heute Rothschild, Bill Gates oder Gorges Soros für die Pandemie verantwortlich, so relativieren andere den Holocaust, wenn sie sich mit gelbem Stern auf der Brust als angeblich verfolgte „Impfgegner_innen“ inszenieren. Diese antisemitisch konnotierten Verschwörungsmythen bieten viele Anknüpfungspunkte für extrem Rechte. So fanden sich auch in Hamburg bekannte Neonazis aus der NPD und ihrem Umfeld sowie Menschen, die Pegida und der AfD nahe stehen, am letzten Samstag zur Kundgebung ein. Viele von ihnen versuchten bereits in den letzten Jahren, mit Kundgebungen wie „Merkel-muss-weg“ und „Deutscher Michel wach auf“ auf Stimmenfang für rassistische, homophobe und revanchistische Inhalte zu gehen.

Von der Mitte bis nach rechtsaußen

Die Organisator_innen der Kundgebungen und sogenannter Spaziergänge in Hamburg kommen jedoch aus der Mitte der Gesellschaft und arbeiten als Schauspieler_innen, Stadtplaner_innen und Jurist_innen. Zu ihnen gehört auch die Homepage „Unsere Grundrechte“. Nach Außen versuchen diese die Versammlungen als Sammelbewegung darzustellen und möglichst alle politischen Spektren mitzunehmen. Bekannte linke Akteur_innen oder Gruppen reihen sich aus guten Gründen – nämlich der im Vordergrund stehenden Verschwörungsideologien – nicht in diese Bewegung Widerstand 2020 ein. Insofern ist es eine Unterstellung, wenn einige Medien und Politiker_innen behaupten, hier würden sich die Extreme von rechts und links treffen. Vielmehr entsteht hier eine gefährliche Gemengelage aus extrem rechten Einflüsterern, verunsicherten Kleinbürger_innen und in ihrer wirtschaftlichen Existenz vermeintlich oder tatsächlich gefährdeten Selbstständigen.

In den internen Telegram-Gruppen der Corona-Leugner_innen werden nicht nur Beiträge zum angeblichen Impfzwang, gegen Bill Gates und die „Eliten“ geteilt, sondern auch weitgehend unwidersprochen bekannte rechte bis extrem rechte Medien und Videos zum Teil einschlägiger Holocaustleugner verbreitet. Rechte Erzählungen von der „Lügenpresse“ und „Antifa-Terroristen“ schaffen gegenüber antifaschistischem Gegenprotest und Medienvertreter_innen eine aggressive Stimmung, die schon etliche Male zu Gewalt führte.

Sollte es unter den Protestierenden Menschen geben, denen diese offene Flanke zu Antisemitismus und Neofaschismus nicht bewusst war, so ist es spätestens jetzt Zeit für sie, sich eindeutig davon zu distanzieren und entsprechende Akteure im Vorfeld auszuschließen.

Verschwörungsideologien sind gefährlich!

Eine ernst zu nehmende Distanzierung von Verschwörungsmythen und extrem rechten Inhalten und Personen konnten wir als Hamburger Bündnis gegen Rechts bisher nicht wahrnehmen. Verschwörungsmythen sind wie extrem rechte Ideologien gesellschaftlich verankert und kein Problem von vermeintlich kranken Menschen oder politischen Rändern. Historisch agierte der Nationalsozialismus mit genau solchen Mythen, um die Zustimmung in der Bevölkerung auszubauen. Nur eine gesellschaftlichen Auseinandersetzung und Aufklärung kann diese stoppen. Was wir brauchen, ist ein gemeinsames Einstehen für eine solidarische Verteilung von Krisenlasten und ein klares Nein zu menschenverachtenden, ausgrenzenden Ideologien.

Zusammen mit Gewerkschaften, demokratischen Initiativen aus dem Gesundheitsbereich, Seebrücke, Initiativen von Geflüchteten und anderen solidarischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen müssen tatsächliche solidarische Perspektiven in der Krise verbreitet und vertreten werden. Das bedeutet auch, dass berechtigte Kritik an den bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung geäußert werden muss, insbesondere wenn diese zur weiteren Spaltung der Gesellschaft beitragen und Personengruppen wie Geflüchtete und Obdachlose schutzlos bleiben. Die Kosten der Krise dürfen nicht auf die abhängig Beschäftigten abgewälzt werden. Eigene Kundgebungen und Demonstrationen sind hierfür notwendig.

Demonstrationen, auf denen Verschwörungsmythen und (extrem) rechte Ideologien und Personen wesentlicher Bestandteil der Kritik sind, verbreiten jedoch nur die gesellschaftliche Akzeptanz für Antisemitismus und Rassismus. Außerdem werden damit auch Taten im Sinne dieser menschenverachtenden Welterklärungen gerechtfertigt. Verschwörungswahn, rassistische und antisemitische Ideologie bildeten auch Antrieb und Ausgangspunkt rechtsterroristischen Täter in Halle und Hanau. Verschwörungsideologien sind keine legitimen politische Erklärungsmuster, sondern höchst gefährlich. Wir rufen daher dazu auf, sich von diesen und anderen rechten Ideologien zu distanzieren und ihnen zu widersprechen.

Wir werden die kommenden verschwörungsideologischen Versammlungen in Hamburg kritisch begleiten.

Kommt zu unseren Kundgebungen
(genauere Informationen folgen jeweils aktuell).

Wir weisen darauf hin, dass weiterhin die Hygieneregeln einzuhalten sind.

In der weltweiten Gesundheitskatastrophe durch Covid-19 hilft nur Solidarität statt Ausgrenzung!

Aufruf / Positionspapier, HBgR im Mai 2020

„Leave No One Behind“- Kundgebung am 1. Mai vor der SKF

Am 1. Mai diesen Jahres fand vor der SKF eine Kundgebung unter dem Motto „Leave No One Behind“ mit maximal 25 von der Versammlungsbehörde zugelassenen Teilnehmern statt. Es gab jedoch so viele Interessierte Menschen, dass sich mit den Zuschauern kurzfristig an die 75 Menschen auf der Straße befanden.

Angefangen hat unsere Planung als bekannt wurde, dass die Faschisten von „der RECHTEN“ an unserem Kampftag, den 1. Mai, durch unser Viertel marschieren wollen. Als dann aufgrund der Corona-Pandemie alle großen öffentlichen Versammlungen verboten wurden war zusammen mit einem großen Bündnis schnell die Idee geboren viele kleine Kundgebungen anzumelden und so dezentralen Protest zu ermöglichen. Dennoch wollten wir uns die Themen für unseren 1. Mai nicht von einem Haufen rechter Idioten diktieren lassen, weshalb wir nach einiger Überlegung das (nicht nur momentan) aktuelle Motto „Leave no one Behind“ wählten, unter dem auf die prekäre Situation von alten, obdachlosen und geflüchteten Menschen aufmerksam gemacht wird und nachhaltige Lösungen gefordert werden.

Da dann der Nazi-Aufmarsch doch noch auf allen Instanzen verboten wurde, konnten wir die Zeit nutzen um unsere Themen in die Öffentlichkeit zu tragen. Durchgehend wurden Transparente gezeigt, es gab Redebeiträge u.A. von Menschen vom „Cafe Exil“ und Teilnehmer*innen brachten ihre eigenen Gedanken und Forderungen zum Thema mit Kreide auf dem Gehweg zum Ausdruck. Nach ca. zwei Stunden wurde die Veranstaltung ohne Zwischenfälle beendet.

Schön war es, dass viele Menschen mal wieder aus ihren vier Wänden auf die Straße kamen um ihre Anliegen in den Stadtteil zu tragen. Dass trotz über einem Monat Ausgangseinschränkungen wieder viele Menschen mobilisiert werden konnten, hat sicher auch vielen wieder neue Kraft gegeben. Was bleibt ist allerdings der fade Beigeschmack eines doch sehr wenig kämpferischen 1. Mais.
Bleiben wir also am Ball, da bei den ganzen Lockerungen des wirtschaftlichen Lebens durch die Regierung, auch wir unsere Ideen für eine bessere Welt wieder auf die Straßen tragen müssen.

Einschätzungen zum 1. Mai in Harburg

Die Hängepartie rund um den Naziaufmarsch und Demonstrationen am 01.05. allgemein geht langsam in die letzte Runde und wir haben es satt auf hundertprozentige Informationen zu warten und wenden uns jetzt mit unserem aktuellen Stand und ein paar Worten dazu an euch.

Fakt ist:

  1. Die Neonazis haben eine Mahnwache für 25Personen am ZOB Harburg angemeldet und mobilisieren für diese. Es ist damit zu rechnen, dass sich deutlich mehr Neonazis auf den Weg nach Harburg machen werden.
  2.  Die Antiautoritäre 1. Mai Demo wird als Kundgebung mit den zur Zeit üblichen Auflagen stattfinden.
  3. Wir haben eine Kundgebung vor der SKF angemeldet
  4. Auch die Kundgebungen des Harburger Bündnisses gegen Rechts bleiben vorerst angemeldet.

Ob jetzt Kundgebungen in letzter Minute verboten werden halten wir erstmal für unerheblich. Wer auf rechtssichere Zusagen wartet wird vermutlich den 1. Mai zuhause damit verbringen Twitter zu aktualisieren und wer darauf wartet, dass sich die Cops und ihre Handlanger*innen an das, was sie gemeinhin “Recht und Gesetz” nennen halten, wird vermutlich noch ein paar Jahre nicht mehr aus dem Haus kommen.

Wir hoffen, dass sich trotzdem eine Menge Leute am 1. Mai auf den Weg nach Harburg machen werden, um selbst(ständig) aktiv gegen Nazis zu werden.

Weil es große Demos von denen mensch sich mitreißen lassen kann dieses Jahr nicht geben wird, liegt es mehr denn je an uns allen, zu überlegen in welchem Rahmen wir aktiv werden können und wollen.

Wie immer gilt: bleibt mobil und passt euch aktuellen Ereignissen ( wie beispielsweise einer Verlegung der Naziaktivitäten) an.

Beachtet dabei auch, dass sich durch die Corona-Pandemie eine Situation ergibt, die für uns alle neu ist. Es ist damit zu rechnen, dass die Cops diesen zusätzlichen Hebel nutzen werden, um linke Aktivist*innen anzugreifen. Noch wichtiger ist es jedoch, mit der Situation verantwortungsvoll umzugehen und die berechtigte Angst von Menschen (auch Passant*innen und andere nicht direkt beteiligte) ernst zu nehmen. Was das für euch bedeutet müsst ihr situationsabhängig nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden.

Neben den Nachteilen und Gefahren bietet die neue Situation jedoch auch Chancen. So sind wir bestimmt nicht die Einzigen, die beim Gedanken an Masken bzw. Vermummung und Handschuhe als Vorgabe für Demonstrationen schmunzeln müssen. Auch Massenhafter Gewahrsam über mehrere Stunden wird sich vermutlich allein logistisch nicht realisieren lassen….

Also lasst uns das beste draus machen, halten wir das Viertel Nazifrei!

Edit: Auch, wenn die Kundgebung vorerst nicht genehmigt wurde ist damit zu rechnen, dass die Nazis dagegen klagen oder eine Ersatzanmeldung vornehmen werden.

Gemeinsamer Spendenaufruf linker Zentren

Nachdem wir dank euch für die nächste Zeit finanziell relativ sicher da stehen, finden wir es auch wichtig andere Projekte zu unterstützen. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit mehreren anderen Projekten aus Hamburg und Umgebung noch einmal einen gemeinsamen Spendenaufruf gestartet und hoffen so noch vielen weiteren linken Projekten durch die schwierige Zeit gerade zu helfen. Mit dabei sind:

·        Antifaschistische Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh, Buchholz
·        Café Knallhart
·        Centro Sociales
·        Infocafé Anna & Arthur, Lüneburg
·        Infoladen Wilhelmsburg
·        Libertäres Kultur und AktionsZentrum ev Schwarze Katze
·        Rote Flora ev
·        Sauerkrautfabrik
·        Viertelzimmer
Nicht Alle davon sind sofort auf das Geld angewiesen; Einzelne haben aber wenig andere Möglichkeiten sich über die nächsten Wochen zu retten. Das Geld kommt denen zugute, die es am dringendsten brauchen und wird jeweils Ende des Monats prozentual verteilt.
Also checkt bitte noch ‚mal eure Geldbörse und schaut ob ihr nicht noch den einen oder anderen Groschen übrig habt. Dies könnte nicht nur in Harburg, sondern viel weitreichender die antifaschistischen, linken Kultureinrichtungen retten.
Solidarische Grüße,
die SKF

Wir sind ein Zusammenschluss linker Zentren in Hamburg und Umgebung.

Uns alle eint, dass wir selbstverwaltete Räume gestalten, in denen ein freies und selbstbestimmtes Leben, unabhängig von Leistung, Profit und Konkurrenz, möglich ist. Denn für uns ist die Art und Weise, wie wir zusammenleben und arbeiten politisch. Wir kommen aus unterschiedlichsten Kontexten & Hintergründen und haben darum in unserer Arbeit die unterschiedlichsten Schwerpunkte gesetzt:

Archive, Bibliotheken, Café, Bildungsstätten, offene Werkstätten, Umsonstladen, Kunstgalerie, Stadtteiltreffpunkt, Veranstaltungslocation, Küche für Alle, Selbsthilfewerkstätten.

Diese vielfältigen Projekte stellen wir in ehrenamtlicher Arbeit auf die Beine. Es geht uns nicht darum Profit zu erwirtschaften, sondern ein solidarisches Zusammenleben für Alle aufzubauen.

Wir wollen weiter emanzipatorische Kämpfe führen und unterstützen können.

 

Doch das können wir nicht allein. Statt nur individuelle Aufrufe und Kampagnen zu starten, setzen wir auf Solidarität. Wir haben uns zusammengeschlossen und wollen einander unterstützen, unabhängig davon, wie sehr wir als individuelle Projekte von den Auswirkungen der Corona-Maßnahmen betroffen oder gar bedroht sind. Wir sehen die Pluralität linker Projekte in Hamburg und Umgebung – bei allen Widersprüchen und Differenzen, die es gibt und auch weiterhin geben wird – als eine der großen Stärken der hiesigen Kultur- und Politszene. Damit diese Vielfalt uns auch weiterhin erhalten bleibt, wollen wir nicht alleine, sondern gemeinsam kämpfen. Linke Zentren bieten uns die Möglichkeit, alternative Strukturen zu etablieren und Umgangsformen zu einer Welt, die in Konkurrenz lebt, zu schaffen.

Lasst uns gemeinsam dafür geradestehen, nicht im Einzelnen, sondern kollektiv.
Die Zentren decken mit den Spenden ihre verbindlichen Ausgaben. Die eingenommenen Spenden werden an Projekte, die aktuell in ihrer Existenz bedroht sind, prozentual verteilt. Da die Entwicklungen der nächsten Monate nur schwer vorherzusehen sind, wird sich der Bedarf von Monat zu Monat ändern und tendenziell größer werden. Vermutlich wird dies also nicht unser letzter Spendenaufruf bleiben.

Die Spenden kommen nach Bedarf zugute:
Viertelzimmer
Café Knallhart
Anna & Arthur Infocafé
Centro Sociale
Infoladen Wilhelmsburg
Antifaschistische Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh
Sauerkrautfabrik
Libertäres Kultur- und Aktionszentrum Schwarze Katze
Rote Flora eV

Solidarische Grüße und danke für Eure Unterstützung

Spendenkonto:

Wohn- und Ferienheim Heideruh e.V.
Postbank (BIC PBNKDEFF200) IBAN DE54 2001 0020 0254 0242 04
Verwendungszweck: Zentren

Dem Finanzamt reichen die Kontoauszüge als Spendenbescheinigungen bis 200 €. Höhere Spenden:
Bitte Adresse im Verwendungsfeld angeben.